Werden die Negativzinsen für Bankeinlagen nun endgültig auch an Kleinsparer weitergegeben? Die Volksbank Reutlingen droht nun Sparer mit Strafzinsen von 0,5 Prozent auf Guthaben auf dem Girokonto und ab 10.000 Euro auch auf Tagesgeldkonten. Ob andere Banken nachziehen, ist ungewiss.
Unser aller Geld ist den Banken nicht mehr willkommen. Anders lässt so manches Instrument der Geldhäuser nicht erklären. War es früher noch so, dass Sparer ihr Geld zur Bank brachten, um dort Zinsen einzustreichen, so müssen sie vielleicht bald selbst Zinsen zahlen, wenn sie ihr Geld auf dem Konto lassen – egal wie hoch der Betrag ist. Grund dafür ist die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese schrumpfte in den vergangenen Jahren nicht nur den Leitzins auf ein historisch niedriges Niveau, sondern auch den Einlagezins für Banken. Mittlerweile müssen Banken, die ihr Geld bei der EZB parken, 0,4 Prozent Strafzinsen an die Notenbank zahlen. Ein Verlustgeschäft also. Um nicht noch höhere Strafzinsen zahlen zu müssen, wollen die Banken wohl nun Kunden verschrecken, ihr Geld zu ihnen zu tragen.
Aktuelles Beispiel Volksbank Reutlingen: Laut aktuellem Aushang drohen Sparer, die ihr Geld bei der Bank anlegen, 0,5 Prozent Strafzinsen auf Guthaben auf dem Girokonto sowie ab einem Betrag von 10.000,- Euro auch auf Tagesgeldkonten. Laut der Sprecherin des Geldinstitutes werde dies aktuell jedoch nicht umgesetzt und man verlange keine Negativzinsen von Privatkunden: „Die Änderung im Preisaushang unserer Privatkonten und das Tagesgeldkonto betreffend sind rein prophylaktischer Natur. Sie schaffen lediglich die formalen, rechtlichen Voraussetzungen zum Beispiel für den Fall, dass ein Neukunde eine Million Euro bei uns anlegen will.“ Verbraucherschützer sehen dahinter eine Abschreckungsstrategie.
Fakt ist, dass etliche Institute schon länger die Kosten für versäumte Zinsen bzw. Strafzinsen an Unternehmenskunden weitergeben. Auch für vermögenden Privatkunden, die ein Guthaben ab 100.000 oder 500.000 Euro aufweisen, werden bei manchen Banken bereits Strafzinsen fällig. Laut Recherchen des Preisvergleichsportals Verivox sind hier seit Dezember 2016 acht Banken hinzugekommen.
Der Vorstand der Volksbank Niederschlesien aus Görlitz, Sven Fiedler, gab gegenüber dem „Handelsblatt“ dagegen offen zu, dass Strafzahlungen als Abschreckung dienen sollen. „Wir wollen keine Trittbettfahrer anlocken, die nur zu uns kommen, um woanders Gebühren zu vermeiden“, verteidigte er die Maßnahme, mindestens fünf Euro für die Annahme von Tagesgeld auch bei kleinen Beträgen zu verlangen. Greifen die Negativzinsen nun also weiter um sich?
„Negative Zinsen für Privatkunden möchte ich für alle Zukunft nicht ausschließen, aber wir haben es in absehbarer Zeit nicht vor“, so Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Falls jedoch weitere Wettbewerber Negativzinsen verlangen, so müsse laut des Präsidenten des Genossenschaftsverbandes Bayern, Jürgen Gros, Volksbanken und Raiffeisenbanken vermehrt über eine Anpassung ihrer Konditionen nachdenken. „Die Institute gehen sonst das Risiko ein, von Liquidität überschwemmt zu werden.“
Auch Sparkassen hoben zuletzt bundesweit ihre Gebühren an, nach Möglichkeit soll hier aber ebenfalls auf Strafzinsen verzichtet werden. „Negativzinsen für Sparer sehe ich weiterhin nicht“, prophezeite Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. „Die Sparkassen wollen einen solchen Schritt nicht und wir stemmen uns mit ganzer Kraft dagegen – auch zu Lasten der eigenen Ertragslage.“
Es darf jedoch gespannt sein, welche Geldhäuser ihre guten Vorsätze beibehalten, sollten immer mehr Banken negative Zinsen verlangen.
Die etwas seltsam anmutende Geschäftspolitik der Banken treibt mit solchen Maßnahmen – wie Anhebung der Gebühren und Strafzinsen – den Sparer noch mehr in Sachwerte oder andere lukrative Geldanlagen, die nicht irgendwelche Gebühren, versteckte Kosten und dergleichen verlangen.
© Ott Investment AG, 06/2017, „Bald Strafzinsen für Kleinsparer?“