Begriffe wie Soziale Gerechtigkeit und Gleichheit sind derzeit in aller Munde. Faire Löhne, angemessene Renten und bezahlbare Mieten sind hierbei nur wenige von vielen Beispielen. Zumindest bei letzterem kam nun mehr oder weniger unfreiwillig Bewegung ins Spiel. Das Berliner Landgericht beschloss unlängst, dass die 2015 eingeführte Mietpreisbremse verfassungswidrig sei, da sie gleich mehrfach gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Über eine definitive Entscheidung der Verfassungsgemäßheit müsse jedoch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe bestimmen.
Vorausgegangen ist ein Streitfall, in dem eine Mieterin von ihrem früheren Vermieter die ihrer Ansicht nach zu viel entrichtete Miete zurückforderte. Dabei berief sie sich auf die Mietpreisbremse. Laut diesem Gesetz dürfen Vermieter bei einer Neuvermietung nicht mehr als 10 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen. Ausnahmen gibt es jedoch.
Das Berliner Landgericht findet nun aber, dass die Mietpreisbremse nicht verfassungskonform sei. Die Mietendeckelung verstoße nach Ansicht des Gerichts gleich in mehrerlei Hinsicht gegen den Gleichheitsgrundsatz und würde „in verfassungswidriger Weise in das Recht der Mietvertragsparteien“ eingreifen. So würden Vermieter in unterschiedlichen Städten ungleich behandelt. Vermieter in München würden beispielsweise um bis zu 70 Prozent mehr Vergleichsmiete erhalten als Vermieter in Berlin.
Auch die bisher gültige Regelung, dass Vermieter, die bereits vor der Einführung der Mietendeckelung eine höhere Miete verlangten, nicht unter die Mietpreisbremse fallen, sei in den Augen der Richter ein Verfassungsverstoß. Diese würden klar begünstigt. „Denn diese Vermieter dürften bei einer Neuvermietung die „alte“ Miete weiterhin unbeanstandet verlangen.“ Laut Gericht sei dies „mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise schlichtweg unvereinbar.“ Es würden jene Vermieter benachteiligt werden, die sich bisher „maßvoll“ verhielten, gegenüber jenen, „die schon in der Vergangenheit erzielbare Miete maximal ausgeschöpft“ haben und mit diesem Verhalten einen Beitrag geleistet hätten, dass Wohnraum „für Geringverdiener knapp“ werde. Aus all diesen Gründen hatten die Berliner Richter zuvor in einem Hinweis gegenüber den Parteien angekündigt, dass sie eine Vorlage in Karlsruhe in Betracht ziehen.
Dieses Berliner Urteil dürfte vor allem Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nicht schmecken. Das von der SPD entworfene Gesetz wies schon von Anfang an eklatante Schwachpunkte und zu viele Schlupflöcher auf, sodass nicht verhindert werden konnte, dass in Großstädten und Ballungszentren die Mieten weiterkletterten. Einige Bundesländer sind deshalb nur wenige Monate nach der Einführung des Gesetzes wieder von der Regelung abgesprungen. Schließlich können die Länder selbst bestimmen, über welche Regionen sie das Gesetz verhängen.
Diese Schwächen hat die SPD mittlerweile erkannt und fordert schon länger eine Verschärfung der Mietpreisbremse. Dies wurde jedoch bisher von dem Koalitionspartner, der Union, kategorisch abgelehnt. Falls nun jedoch das Urteil des Berliners Gerichts bestätigt wird, müsse der Gesetzgeber die bisherige Regelung nachbessern.
Eine andere Lösung schlägt der Vermieterverband Haus & Grund sowie der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) vor. Diese fordern eine Abschaffung der Mietpreisbremse. Der Präsident des ZIA, Andreas Mattner, sagte, die Mietpreisbremse sei „in erster Linie ein Bürokratiemonster für die Vermieter.“ Als „Ohrfeige für die Bundesregierung“ bezeichnete der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, die Gerichtsentscheidung. Schließlich wisse man, dass das Gesetz zur Mietpreisbremse bekanntermaßen „problematisch“ sei.
© Ott Investment AG, 09/2017, „Laut Gericht: Mietpreisbremse verstößt gegen Verfassung“